
Beate Ostendörfer
Architektin. Leistungsplanerin. Projektbegeisterte.
Beate Ostendörfer hat Bauzeichnerin gelernt und Architektur studiert. Ihre Leidenschaft für komplexe Zahlenwerke entdeckte sie für sich erst im Verlauf ihres Berufslebens: „Meine Mitschülerinnen und Mitschüler von damals würden vom Glauben abfallen, wenn sie wüssten, was ich heute tue – ich und Zahlen, ging gar nicht!“ lacht sie. Geht doch – und das sehr gut: Als angestellte Architektin bei der Baugesellschaft der UMG unterstützt sie die bauliche Entwicklungsplanung in den entsprechenden Leistungsphasen für die Baustufen 1 und 2 des Göttinger Universitätsklinikums. Ein Faible hat die 57-Jährige dabei fürs Kalkulieren und Auswerten von Finanzierungsplänen, Angeboten und Leistungsverzeichnissen. Die Kostenkontrolle über das Bauprojekt zu behalten ist ihr ein besonderes Anliegen.
Warum sind Sie ein wichtiger Teil des Projekts – und welchen Part übernehmen Sie?
Ich bin seit 2015 bei der UMG als Architektin angestellt und 2021 zur BauG gewechselt. Seit 2020 habe ich am Masterplan mitgeschrieben, der wie der Startschuss für alles ist, was jetzt und in Zukunft kommt. Den Prozess kann man sich wie eine umgedrehte Pyramide vorstellen: Der Masterplan gibt einen großen Überblick über das gesamte Bauvorhaben wieder – in dem mussten wir wirtschaftlich und räumlich plausibel nachweisen, wo der Gesamtbedarf liegt, insbesondere für die Krankenversorgung, aber auch für die Bereiche Forschung und Lehre, Administration sowie Infrastruktur. Auf Basis des genehmigten Masterplans werden in den weiteren Schritten die Zahlen immer detaillierter erfasst: Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen habe ich die bauliche Entwicklungsplanung mit den daraus resultierenden Antragsunterlagen, wie zum Beispiel die Bauabschnittsplanung für die Baustufe 1 und 2 erstellt, die die Krankenversorgung auf dem neuen Campus umfasst – also das Operative Zentrum, Herz-, Neuro- und Notfallzentrum sowie das Eltern-Kind-Zentrum. Die Vorentwurfsplanung hat Frau Sievert eng begleitet. Das ist definitiv ihr Verdienst. Für die Baustufen 1 und 2 haben wir Nutzungsflächen von 51.550 Quadratmeter, beziehungsweise 16.527 Quadratmeter ermittelt. In diesen Leistungsphasen müssen wir raumscharf bis auf den letzten Quadratmeter planen. Denn jeder ungeplante Quadratmeter mehr kann in Summe Zeit und viel Geld kosten.
„Termine und Ausgaben im Blick zu behalten, haben bei einem Projekt dieser Größenordnung oberste Priorität, um das Kostenziel einzuhalten.“
Sie sind also auch dafür zuständig, die Kostenseite im Blick zu behalten?
Kontinuierliches Kostenmanagement ist bei einem Bau dieser Größenordnung sehr wichtig, um die Finanzierungsplanung einzuhalten. Gemeinsam mit unserem Prokuristen übernehme ich diese Aufgabe. Im Zuge der Erstellung der Bauabschnittsplanung haben wir unter anderem ein Raumprogramm aufgesetzt. Es gibt uns über jeden Raum, den wir bauen wollen, eine aktuelle Übersicht über die Entwicklung von Größen, Umfang und hinterlegten Kosten. Wir haben in diesem Zusammenhang auch viele Gespräche mit den Menschen geführt, die in den Gebäuden unter bestmöglichen Voraussetzungen arbeiten sollen: Die Erfahrungswerte und Expertise vom Klinikpersonal, wie Ärztinnen und Ärzten und den Pflegekräften, haben bei der Raumplanung sehr geholfen. Mit den gesammelten Informationen habe ich alle Flächen und Kosten mit den Angaben aus dem Masterplan plausibilisiert - ein wichtiger Ausgangspunkt, um Anträge zu erstellen und an die DBHN einzureichen, damit notwendige Gelder freigegeben werden können. Im weiteren Planungsprozess werden diese Kosten durch Kostenaufstellungen weiter detailliert.
Wie sehr beeinflusst das Thema „Bauzeit“ ihren Arbeitsalltag?
Wenn ich eine Aufgabe bearbeite – es sind ja nicht nur die Antragsunterlagen – projektiere ich im ersten Schritt meine Arbeitsschritte. An dieser Stelle kommt das Terminmanagement ins Spiel: Heißt, wann muss ich etwas fertigstellen, damit zum Beispiel externe Büros oder die Kolleginnen und Kollegen der DBHN genau wissen, wann etwas erledigt sein muss, damit sich alle Seiten organisieren und eintakten können. Wir haben genaue Terminierungen, wann bestimmte Unterlagen fertig bearbeitet, abgestimmt oder veröffentlicht sein müssen. Unser internes Projektmanagement hat ein Auge darauf, dass wir die Termine einhalten – das wäre für dieses Projekt kontraproduktiv, weil jeder Tag mehr einfach viel Geld kostet. Wir haben teilweise sehr enge Zeitfenster gesetzt, in diesen Phasen kann es dann auch zeitintensiv werden und über das normale Arbeitspensum hinausgehen, aber für mich ist das positiver Stress, der mich motiviert.
Was macht Ihnen Spaß und was ist besonders herausfordernd an Ihrem Job?
Im Zuge der Masterplan-Erstellung habe ich bewusst gemerkt, wieviel Freude mir meine Arbeit bringt und wie gerne ich das Projekt weiterbegleiten möchte. Die Vielschichtigkeit meines Jobs finde ich sehr spannend. Ich sehe die Erstellung von Anträgen zum Beispiel auch als eine strategische Aufgabe, in der ich versuche, noch etwas zu optimieren, um Zeit und Kosten einsparen zu können. Das sind viele kleine Herausforderungen, die das Gesamtpaket für mich vervollständigen. Dass ich gemeinsam mit der DBHN neue Projektstrukturen entwickeln durfte, die es für einen öffentlichen Bau in der Form so noch nicht gegeben hat, fand ich spannend und hat mir viele Freiheiten gegeben. Betonen möchte ich unbedingt, dass wir ein großartig funktionierendes Team sind, ohne das es nicht so gut gelingen würde. Auch wenn manche Tätigkeiten nur eigenständig zu erledigen sind, sprechen wir uns viel untereinander ab – insgesamt sind wir zwölf Kolleg:innen, vom Geschäftsführer über den Prokuristen, Assistenzen, Architekt:innen sowie Ingenieur:innen, die speziell in der Technik und im Bereich der Digitalisierung arbeiten. Unsere kurzen Wege vor Ort helfen, schnellere Entscheidungen und Absprachen zu treffen. Wir sitzen in unseren Büros auch unweit der Baustelle. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, gucke ich auf den Bauzaun der Baustufe 1.
„Wenn ich schon nicht darin arbeiten kann, trage ich hoffentlich meinen Teil dazu bei, es für andere zu erschaffen.“
Was motiviert Sie, Teil dieses Bauprojekts zu sein?
Ich wollte eigentlich mal Kinderkrankenschwester werden, also was ganz anderes, gegenüber dem, was ich heute tue. Davon hat man mir damals bei der UMG abgeraten, da ich durch die im Krankenhaus eingesetzten Mittel starke Hautprobleme bekommen habe – die Umgebung hat sich einfach nicht mit meinem Körper vertragen. Ich würde schon sagen, dass sich für mich jetzt der Kreis schließt. Ich bin nicht Krankenschwester geworden, baue aber zum Beispiel das Eltern-Kind-Zentrum. Wenn ich schon nicht darin arbeiten kann, trage ich hoffentlich meinen Teil dazu bei, es für andere zu erschaffen. Als ich 2015 in das Projekt eingestiegen bin, war mir die Dimension tatsächlich noch nicht ganz bewusst, was sich aber relativ schnell geändert hat. Generell sehe ich es für mich als absolutes Privileg an, bei einem solchen Projekt mitwirken zu dürfen. Persönlich fühle ich mich angekommen, indem, was ich mache – egal, wie stressig es ist. Ich hoffe, dass es hier ab 2030 weiter geht mit dem Bau – und dass ich bis zu meinem Rentenalter auch die folgenden Baustufen weiterbegleiten und vielleicht sogar zu Ende bauen kann. Davon träume ich.