
Hüseyin Kocabiyik.
AEMP-Leiter. Quereinsteiger. Keimvernichter.
AEMP – Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte. Was nüchtern klingt, ist für jedes Krankenhaus ein essenzieller Bereich: Hier kommen alle mit Keimen kontaminierten Medizinprodukte und Instrumente an, die bei Operationen eingesetzt worden sind und nach einem streng reglementierten Verfahren für einen neuen OP-Einsatz wieder zerlegt, gereinigt, desinfiziert, verpackt und sterilisiert werden.
Eine verantwortungsvolle und filigrane Arbeit, für die sich Hüseyin Kocabiyik 2011 als Quereinsteiger über die Jahre zum technischen Sterilisationsassistenten qualifiziert hat – mittlerweile leitet er die Zentralsterilisation der UMG. Gemeinsam mit seinen mehr als 90 Kolleg:innen lässt der 40-Jährige die Anforderungen für eine AEMP der Zukunft in das UMG-Neubauprojekt mit einfließen.
„Mitbestimmen zu können, ist sehr viel wert. So können wir am Ende das beste Ergebnis für unser Team und die Universitätsmedizin herauszuholen.“
Warum ist der Job, den Sie mit Ihren Kolleg:innen machen, so wichtig – und sollte entsprechend Einfluss auf den Neubau haben?
In dem Kreislauf, in dem wir in der Universitätsmedizin mitlaufen, sind alle wichtig. Von der Reinigungskraft bis zum Techniker. Wenn ein Bereich nicht funktioniert, wirkt sich das automatisch auch auf die anderen Bereiche aus. In der AEMP sind die Hygienestandards für Krankenhäuser in den vergangenen Jahrzehnten enorm gestiegen sind. Wir versorgen 26 OP-Säle sowie mehr als 100 Funktionsabteilungen und Stationen mit wieder verwendbaren aufbereiteten Medizinprodukten. Umso wichtiger ist es, dass wir zum Beispiel Hand in Hand mit dem Institut für Hygiene und Infektiologie der UMG arbeiten. Insgesamt hat sich die Denkweise auch geändert – was sich in den Planungen für den Neubau widerspiegelt.
Sind AEMP früher meistens am Rand oder im Untergeschoss eines Krankenhauses angesiedelt worden, wird bei den aktuellen Planungen berücksichtigt, wie wichtig es ist, dass unser Bereich und der Zentral-OP sehr nah beieinanderliegen müssen. Je weiter wir voneinander entfernt sind, desto schwieriger ist es, bestimmte Prozesse effizient miteinander zu verknüpfen.
Geben Sie uns einen Einblick, von welchen Prozessen Sie sprechen und inwieweit ausreichend räumlicher Platz eine Rolle spielt?
Die Person, die unseren jetzigen Standort vor vielen Jahrzehnten gebaut hat, hat bereits gut vorgedacht und viel Platz mit eingeplant, wir haben aktuell rund 1.850 qm Fläche, um in Ruhe arbeiten zu können. Warum ausreichend Fläche eine Rolle spielt, dafür hilft ein kurzer Einblick, wie unsere Prozessabläufe aussehen: Chirurgische Instrumente kommen bei uns im Dekontaminationsbereich an – wir gehen immer davon aus, dass sie maximal kontaminiert sind. Diese Instrumente müssen zerlegt und auf Edelstahlkörbe, sogenannte Siebe, gepackt werden. Von Reinigungs- und Desinfektionsgeräten werden die Instrumente bei Bedarf von innen wie von außen gereinigt und desinfiziert. Anschließend prüfen wir die Funktion der Geräte, verpacken das Sieb und bringen es in die Sterilisation. Die Räume, in denen all diese Vorgänge ablaufen, sind aus Hygienegründen voneinander getrennt, die einzige Verbindung sind die Reinigungs- und Sterilisationsmaschinen. Alle Materialien, die in den Dekontaminationsbereich kommen, verlassen auf dem gleichen Weg wieder desinfiziert den Bereich. Wir versuchen unsere Erfahrungen zu reflektieren und zukunftsorientiert zu denken. Zum Beispiel können wir davon ausgehen, dass in Zukunft mehr minimalinvasive Operationen durchgeführt werden – entsprechend sind Plätze für Maschinengruppen für die Reinigung von Instrumenten solcher Eingriffe reserviert, auch wenn wir sie Stand heute noch nicht brauchen. Mein Vorgänger in der AEMP hat in den Vorplanungen des Neubaus weitblickend mehr Platz angemerkt.
Sie erwähnten vorhin, dass auch die künftige Verortung der AEMP wichtig sein wird…
In jedem Fall. Wir sind aktuell im Versorgungstrakt, das heißt, dass wir nicht im Haupthaus, sondern in Nachbargebäude angesiedelt sind. Unser automatisches Warentransportsystem verläuft über unterirdisch gelegene, weit verzweigte Bahnen und ist veraltet. Darüber werden die benutzten Instrumente über Rollwagen zu uns geführt. Es kann aber passieren, dass wir auf Siebe, die am nächsten Tag schon wieder gebraucht werden, mehr als eine Stunde warten müssen. Direkt abholen würde nicht funktionieren, da uns dafür die Mitarbeiter:innen und die Zeit fehlen. Wir haben sehr viele Sets, die wir aufbereiten und bis zu 100 bis 150 Instrumente umfassen – Scheren, Pinzetten, Klemmen, neurochirurgische Instrumente, Fräsen, Sägen und so weiter. Wenn da zwei Instrumente in einem Sieb mal fehlen, hilft Nähe sehr, um Prozesse schneller ablaufen lassen und die Sets vervollständigen zu können. In Zukunft werden wir ein Stockwerk über dem Zentral-OP unseren Standort haben und dadurch viel näher an den Prozessen im Krankenhaus sein. Es werden für den Transportprozess zwei Fahrstühle bereitstehen, über die uns die benutzten Instrumente einfach übergeben werden können, über zwei weitere Fahrstühle schicken wir die desinfizierten Siebe wieder in den OP-Trakt – der Hintergrund ist klar: kontaminierte Instrumente sollen nicht mit sauberen Instrumenten in Berührung kommen.
Kürzere Wege werden Ihre Arbeit erleichtern – ist auch Digitalisierung in der AEMP ein Thema?
Ja, eine automatisierte, strukturierte Wegeführung wird in Zukunft sehr wichtig sein. Im Zuge des Neubaus werden auf unserer Abteilung neue Aufgaben zukommen. Um die zu meistern, benötigen wir technische Unterstützung in Form von kleinen Transportrobotern, die bestimmte Laufwege automatisch abwickeln und uns überflüssige Laufwege abnehmen. Auf diese Weise können wir uns auf unsere Kernarbeit konzentrieren.
Was motiviert Sie, Teil dieses Bauprojekts zu sein?
Wissen Sie, es wird gerne gemeckert – über den Arbeitsplatz, die Gegebenheiten (schmunzelt). Was mich bewegt und motiviert, ist, dass wir bei dem Projekt mitgestalten können, gemeinsam die Prozesse mitgehen, um Defizite zu berücksichtigen und beheben zu können. Wir haben eine interne Gruppe, in der wir über viele Dinge des Neubaus sprechen, um am Ende das beste Ergebnis fürs Team und die Universitätsmedizin herauszuholen. Mitbestimmen können ist sehr viel wert. Dieses Vorgehen passt aber auch gut zur Art des Miteinanders in der UMG, da wir mit anderen Bereichen Hand und Hand und auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Ich finde es sehr gut, dass in unserem Haus unsere Abteilung als wichtig angesehen wird – und man es nicht nur sagt, sondern auch danach handelt. Ich freue mich sehr auf den Neubau.